Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses: Der 1. CLARIAH-DE Young Researcher Infrastruktur-Pitch auf der vDHd2021

0 Veröffentlicht von Lukas Weimer am

Veranstaltungsbericht

 

Idee und Zielsetzung

Der Erfolg digitaler Forschungsdateninfrastrukturen steht und fällt mit ihrer Community. Daher ist es wichtig, ihre Bekanntheit zu erhöhen, um möglichst umfassend genutzt zu werden. Um die Bekanntheit im Bewusstsein der Nutzenden möglichst früh zu verankern, bietet es sich an, bereits den wissenschaftlichen Nachwuchs anzusprechen. Effektiv kann dies sicher in der Lehre an Universitäten und Hochschulen geschehen, doch auch Veranstaltungen an Instituten, Akademien und Bibliotheken stellen geeignete Plattformen dar. Werden diese Veranstaltungen im Rahmen bekannter Konferenzen durchgeführt, erhöht sich ihre Aufmerksamkeit. Eine solche bekannte Konferenz ist die jährlich stattfindende Tagung des Verbandes Digital Humanities im deutschsprachigen Raum (DHd), die im Jahre 2021 als virtuelle vDHd2021-Konferenz stattfand.

Auch das Projekt CLARIAH-DE hat an dieser Konferenz teilgenommen und seine Veranstaltung ganz dem wissenschaftlichen Nachwuchs gewidmet. In der Konzeption der Konferenz und durch das Projektthema “Experimente” bot es sich an, von üblichen Dienstleistungs- oder Werkzeugpräsentationen durch Vorträge oder Poster abzuweichen: es entwickelte sich die Idee des 1. CLARIAH-DE Young Researcher Infrastruktur-Pitch mit Best-Pitch-Award!

Ausschließlich Nachwuchsforschende[1] sollten hier ihre Forschungsprojekte oder Projektideen in Bezug auf ihre aktuelle oder angedachte Verwendung von Forschungsdateninfrastrukturen in kurzen Beiträgen (Pitches) anschaulich vorstellen (zum genauen Themenspektrum vgl. Einreichung und Call). Um dem Nachwuchs noch mehr Bühne zu bieten, sollten die Pitches von einer Diskussion der Beitragenden gefolgt werden. Zum Abschluss sollte dann die Diskussion für das Plenum geöffnet, über den besten Beitrag abgestimmt und schließlich der Award verliehen werden.

Für CLARIAH-DE eröffnet ein solches Event die Möglichkeit, direkt mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs in Kontakt und ins Gespräch zu kommen sowie gleichzeitig einen Einblick in Forschungstätigkeiten und Wünsche desselben zu erlangen. Dieser Einblick kann in Bezug zum eigenen Serviceportfolio gesetzt werden, um zu evaluieren, welche weiteren Angebote in der Community gebraucht oder ausgebaut werden, wo Werbemaßnahmen verstärkt werden müssen und welche Services besonders häufig genutzt und positiv aufgenommen werden.

 

Einreichung und Call

Wie für Konferenzen üblich, ist die Idee alleine nicht ausreichend; entsprechend der Konferenzrichtlinien wurde eine Einreichung verfasst, deren Qualität das vDHd2021-Organisationsteam überzeugte und vorzeitig angenommen wurde, da sie in Teilen ihrer Anlage als durchaus zeitkritisch zu betrachten war. Denn um eine oben erwähnte Auswahl an NachwuchswissenschaftlerInnen für die Pitches zu erhalten, wurde ein Call for Contributions veröffentlicht, in dem Nachwuchsforschende direkt angesprochen und zur Einreichung eines Abstracts ermutigt wurden.

Gemäß des Konferenzthemas experimentell, aber dennoch niedrigschwellig und für vielseitige Einreichungen offen sollte der Call formuliert sein. Gleichzeitig musste er natürlich das gewünschte Themenfeld abdecken. Als Einreichungsformat wurde das klassische Abstract gefordert, in einem Umfang von 500 bis 750 Wörtern, um einerseits die Erstellungshürde nicht zu groß werden zu lassen, andererseits aber genug Raum zu bieten, die für die Darstellung nötig war. Alternative, kreative Einreichungsformate wie Schlaglichtfolien, Podcasts oder Videos waren ebenfalls erlaubt[2]. Der Call wurde am 7. Januar 2021 veröffentlicht, die Deadline für Einreichungen wurde auf den 21. Februar festgelegt und später auf den 1. März 2021 verlängert.

Inhaltlich sollten Nachwuchsforschende wie oben angesprochen ihre eigenen Projekte oder Ideen vorstellen und dabei Bezug zu ihrer aktuellen oder angedachten Forschungsdateninfrastrukturverwendung nehmen. Dazu gehören Themen wie die Generierung, Verwaltung, Speicherung und Publikation von Forschungsdaten, die Erstellung eines Datenmanagementplans oder die Integration der FAIR-Prinzipien. Auch Schwierigkeiten und Fehlschläge beim eigenen Datenmanagement waren von Interesse, können diese schließlich wertvolle Erfahrungen sowohl für andere Forschende als auch für die Forschungsinfrastrukturen selbst sein. Auch Beiträge mit Hinweisen, Änderungswünschen oder Ergänzungsvorschlägen zum Angebotsportfolio von CLARIAH-DE und darüber hinaus waren erwünscht. Letztlich war dem Themenspektrum an Einreichungen keine Grenze gesetzt, sofern Bezug zu digitalen Forschungsdateninfrastrukturen im weiteren Sinne und zum eigenen Projekt, zu eigenen Ideen oder Wünschen bestand.

Im Call wurde außerdem von jedem Einreichenden im Falle einer Zusage ein Blogpost im konferenzeigenen vDHd-Blog erbeten. Dies sollte einerseits weiter für die Konferenz, den Infrastruktur-Pitch und den einzelnen Beitrag werben, und diente andererseits dem wissenschaftlichen Nachwuchs als Übung, ihre Inhalte präzise und anschaulich schriftlich darzustellen. Darüber hinaus sollten die Blogposts dem Publikum bereits im Vorfeld helfen, die Beiträge inhaltlich zu verorten und einen groben Überblick über das Themenspektrum zu bekommen.

Zusätzlich wurde bereits im Call ein Award für den besten Pitch angekündigt, der mittels Abstimmung vom Publikum gewählt wurde. Der Award war mit einem Betrag von 500 € dotiert, um die Wichtigkeit des wissenschaftlichen Nachwuchses hervorzuheben. Er wurde vom TextGrid-Verein zur Verfügung gestellt, der damit ebenfalls sein Engagement im Nachwuchsbereich zeigt. In dessen Mitgliederversammlung wurde einstimmig über die Bereitstellung des Preisgeldes entschieden; es wurde sogar entgegen dem ursprünglichen Plan noch deutlich erhöht.

Der Gewinn des Awards war letztlich aber nicht der einzige Gewinn für Nachwuchsforschende, die eine Einreichung oder eine Veranstaltungsteilnahme planten. Denn allein die Einreichung selbst lud den wissenschaftlichen Nachwuchs ein, das eigene Datenmanagement zu hinterfragen oder sich gar erstmalig mit diesem Thema zu beschäftigen. Haben Call und Veranstaltung nur dazu geführt dann hat das Event bereits einen Zweck erreicht. Denn Datenmanagement gehört zur wissenschaftlichen Praxis, es gibt mittlerweile diverse Arbeitsgruppen und Handreichungen, es beugt Frustration bei Datenverlust vor, erleichtert und strukturiert die eigene Arbeit und wird bei Projektanträgen vorausgesetzt (vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft (2015): Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten).

Als Publikationsort des Calls wurde der in der Community etablierte und bekannte DHd-Blog ausgewählt. Neben Bloglesern diente er v.a. als Referenz und Verlinkung für die Veranstaltungswerbung an unterschiedlichen Orten. Denn um eine möglichst breite Nachwuchsbasis anzusprechen, möglichst viele Nachwuchsforschende auf das Thema Datenmanagement und dieses Event hinzuweisen und so eine Vielzahl von Einreichungen zu erhalten, wurde über mehrere Kanäle Werbung hierfür betrieben: Blogposts im DHd- und im konferenzeigenen vDHd-Blog, Mailinglisten, persönliche Ansprachen, Werbung in Seminaren, bei Twitter, auf Homepages und über einen Podcast im Digital-Humanities-Radio RaDiHum20.

 

Beiträge und deren Bewertung

Die genannten Werbemaßnahmen scheinen Frucht getragen zu haben, so dass zum Ende der verlängerten Einreichungsfrist viele unterschiedliche Einreichungen vorlagen. Als gewünschte Zahl von Pitches hatten wir sechs festgelegt. Um diese Zahl zu erreichen, sollten die Einreichungen bewertet und eine Auswahl getroffen werden. Für diese Bewertung wurde ein Kriterienkatalog entwickelt, um die Auswahl objektiv zu treffen. Dabei stand an erster Stelle freilich die Qualität des Abstracts sowie dessen Bezug zum Call. Fundamental war, dass das Abstract echten Bezug zu Forschungsdateninfrastrukturen im weitesten Sinne aufwies. Ein zweites Kriterium bestand im Innovationspotential des Abstracts. Abstracts, die wissenschaftliches Neuland betraten, sollten besser bewertet werden als solche mit starkem Bezug zu Etabliertem. Darüber hinaus wurde in weiteren Aspekten eine Ausgeglichenheit im Event angestrebt: Wenn erste beide Kriterien nicht zu einer definitiven Entscheidung führten, sollte darauf geachtet werden, im Event möglichst viele Disziplinen und Institutionen vertreten zu haben und Einreichende an unterschiedlicher Stelle ihrer wissenschaftlichen Ausbildung zu integrieren. Nicht zuletzt sollte die Einladung zum Event die Einreichenden auch motivieren, sich noch weiter mit Forschungsdaten, ihrem Management und Forschungsdateninfrastrukturen auseinanderzusetzen. Dies gelingt eher bei Studierenden und Promovierenden in der Frühphase ihrer Ausbildung und vermutlich weniger bei bereits fest im Wissenschaftsbetrieb verankerten Personen.

Ein solcher Kriterienkatalog ist fundamental wichtig, um ein transparentes Auswahlverfahren zu garantieren. Letztlich kam der Kriterienkatalog aber nicht in Gänze zur Anwendung, da zufälligerweise genau sechs Beiträge eingereicht wurden. Die sechsköpfige Jury des CLARIAH-DE Office musste daher nur die generelle Qualität und Wissenschaftlichkeit der Abstracts sowie ihren Bezug zum Call prüfen und war dabei nicht auf den gesamten Kriterienkatalog festgelegt, da der Auswahlprozess entfiel. Alle sechs Beiträge haben die Jury überzeugt und wurden daher für das Event zugelassen (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Kristina Becker (Technische Universität Darmstadt): Phonetisch-phonologische Metadaten in der Forschung: Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Angebot der Datenbank für Gesprochenes Deutsch (DGD)
  • Peggy Bockwinkel (Universität Stuttgart): Der Schwarzmarkt des Datenhandels
  • Dîlan Canan Çakir (Universität Stuttgart): Datenbank deutschsprachiger Einakter (1740er-1850er)
  • Katharina Leyrer (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg): Ein CLARIAH-DE Connector für die Vernetzung von Forschenden, Lehrenden, Studierenden und Vermittler*innen von Forschungsdatenmanagement
  • Dennis Ried (Hochschule für Musik Karlsruhe): Ludwig Baumann Leben, Werk und Wirken. Eine Fallstudie zur Grundlagenforschung in der digitalen Musikwissenschaft
  • Steffen Rörtgen (Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen): WirLernenOnline, Crawling und das Semantic Web

Alle haben ihre Teilnahme am Event zugesagt.

 

Vorbereitung: Programm und Blogposts

Mit der Bestätigung ihrer Teilnahme haben alle Beitragenden den Anstoß für weitere Vorbereitungsarbeiten gegeben.

Der offizielle Programmablauf inklusive aller Beitragenden, deren Titel und die Reihenfolge der Beiträge konnte nun online gestellt werden. Als Veröffentlichungsort wurde auch hier der DHd-Blog verwendet. Die Vortragsreihenfolge wurde durch einen Zufallsmechanismus bestimmt. Den Pitches voraus ging eine Einführung der Veranstaltungsorganisation, in der kurz das Projekt CLARIAH-DE, der Ablauf des Programms, der vom TextGrid-Verein gestiftete CLARIAH-Award und die einzelnen Beiträge vorgestellt wurden. Nach den Pitches wurde den Beitragenden Raum gewährt, unter sich ins Gespräch zu kommen und über ihre Beiträge und Projekte zu diskutieren. Dadurch sollte den Nachwuchsforschenden Raum gegeben werden, unbeeinflusst und untereinander zu sprechen. Erst danach sollte die Diskussionsbühne dem gesamten Plenum geöffnet werden, um auch interessierte Nachfragen der Zuhörenden zuzulassen. Darauf folgend war die Abstimmung über den Best-Pitch-Award terminiert, so dass das abstimmende Plenum auch die Diskussionsbeiträge der Pitchenden in die Abstimmung einfließen lassen konnten. Von der Veranstaltungsmoderation wurden die einzelnen Beiträge zuvor nochmal kurz in Erinnerung gerufen. Nach der Abstimmung war eine Pause von ca. 10 Minuten angesetzt, damit das CLARIAH-DE-Office die Abstimmung auswerten und mit dessen interner Abstimmung vergleichen und zusammenrechnen konnte. Nach der Pause wurde der Award schließlich verliehen und ein kurzer Ausblick gegeben. Inklusive Einführung durch die Projektorganisation, der Diskussion der Beitragenden, der Diskussion im Plenum, der Abstimmung über den Award, der kurzen Pause zur Auswertung der Abstimmung und der Verleihung des Award ergab sich ein abwechslungsreiches Programm von fast zwei Stunden Dauer.

Im Blogpost war – ebenso wie an allen anderen Orten, an denen das Programm veröffentlicht wurde – auch ein Anmeldeformular verlinkt, mittels dem sich interessierte Zuhörende für die Veranstaltung anmelden konnten. Diese (zwar niedrige) Hürde war nötig, um in Zeiten virtueller Veranstaltungen mögliche Störende auszuschließen, die eine Veröffentlichung der Zugangsdaten mit sich hätte bringen können.

Ein wichtiges Element der Eventvorbereitung war auch der vDHd-Blog. Hier war nicht nur die Veranstaltungsankündigung im Konferenzprogramm verortet, der Blog wurde darüber hinaus als Publikationsort der Blogposts der Pitchenden ausgewählt. Diese wurden eine Woche vor der Veranstaltung in ca. halbtägigem Abstand veröffentlicht (geordnet nach Eingangsdatum Teil 1, 2, 3, 4, 5, 6). Aus den Blogposts ergab sich eine Blogpostserie, welche die letzten Tage bis zur Veranstaltung (und zum Konferenzbeginn) überbrückte.

 

Das Event selbst

Am 24. März 2021 um 15 Uhr stand schließlich das Event an. Im Vorfeld wurde entschieden, es über die Videokonferenzplattform Zoom durchzuführen, da sich deren Technik als wenig störungsanfällig und gleichzeitig in der Community vertraut bewiesen hat. Für die Pitchenden wurde dennoch einige Tage vor dem Event ein freiwilliger Techniktest veranstaltet, um beispielsweise Features wie das Screensharing auszuprobieren und so mögliche Unsicherheiten aus dem Weg zu räumen. Zoom bietet außerdem die Möglichkeit, Umfragen bzw. Abstimmungen durchzuführen. Dies wurde für die Abstimmung zum Award genutzt. Die Umfrage war derart angelegt, dass alle Zuhörenden jeden Beitrag mit 0, 1 oder 2 Punkten bewerten konnten. Abstimmungsberechtigt waren alle Anwesenden, auch die Beitragenden selbst. Mit dieser Abstimmungsmethode konnte zügig ein gewichtetes Ranking der Plenumsmeinung gewonnen werden.

Insgesamt nahmen an der Veranstaltung 40 Personen von unterschiedlichen Institutionen teil. Technische Schwierigkeiten gab es keine.

Die Pitches boten das erwartete abwechslungsreiche Bild. Während die inhaltliche Abwechslung durch die eingereichten Abstracts sowie die Blogpostserie bereits zu erwarten und abschätzbar war, bot auch die technische Durchführung Variation: präsentationsgestützte Vorträge, zum Teil reichhaltig animiert, Videobeiträge aus Screencasts mit und ohne Musik sowie selbst gedrehte Beiträge. Die vorgetragenen Inhalte forderten bzw. boten unterschiedliche Darbietungsformen, wodurch ein kurzweiliges Event zustande kam. 

Die an die Pitches anschließende Diskussion war ergiebig, ausführlich, ging an einigen Stellen fachlich und methodisch in die Tiefe und wurde aus Zeitgründen schließlich von der Moderation zum Ende geführt. Ein wichtiges Fazit der Diskussion war, dass es bereits zahlreiche Infrastrukturangebote gibt, diese aber besonders beim wissenschaftlichen Nachwuchs noch zu wenig bekannt sind, hier also Maßnahmen ergriffen werden müssen: Einerseits sollte natürlich mehr geworben werden, andererseits wäre mehr Hilfestellung hilfreich. Das kann durch Lehrende, mehr Dokumentationen und Tutorials oder Beispielanwendungen geschehen. Gleichzeitig zeigte sich die Community aber sehr dankbar für die zur Verfügung gestellten Angebote.

Zur Siegerin des Pitches und Gewinnerin des Preisgeldes und des CLARIAH-Awards wurde durch die Abstimmung Dîlan Canan Çakir mit ihrem Beitrag “Datenbank deutschsprachiger Einakter (1740er – 1850er)” gekürt. Sie erhielt vom Publikum mit Abstand die meisten Stimmen. Das CLARIAH-DE Office bestätigte sie in der an die Abstimmungen folgenden internen Diskussion als Gewinnerin. Der Award wurde Dîlan Canan Çakir in symbolisch virtueller Form von Nanette Rißler-Pipka als Vertreterin des CLARIAH-DE Office und National Coordinator von DARIAH-DE verliehen und im Nachgang in Urkundenform zugeschickt. Die Veranstaltung schloss mit der Versicherung, dass man in Kontakt bleiben und sich gegenseitig unterstützen wolle.

 

Nachbereitung

Wenngleich mit Abschluss der Ehrung die Veranstaltung beendet und eine Siegerin gekürt war, gibt es doch noch mehr Gewinne zu verzeichnen. In erster Linie haben alle Pitchenden, die ausgewählt wurden, ihren Pitch vorzutragen und dadurch fachliche Expertise bewiesen haben, gewonnen, indem sie sie davon profitierten, sich und ihr Projekt im öffentlichen Rahmen vorgestellt zu haben und wertvolles Feedback erhielten. Außerdem wurde der Kontakt zwischen CLARIAH-DE und den Beitragenden nach der Veranstaltung per Mail fortgeführt. Alle Teilnehmenden haben nach der Veranstaltung eine von der CLARIAH-DE-Gesamtkoordination unterschriebene Teilnahmeurkunde, die Siegerin eine Siegesurkunde erhalten.

Gewinnbringend war das Event auch für CLARIAH-DE selbst, denn im Pitch konnte der Kontakt zur Nachwuchscommunity hergestellt und vertieft werden. Außerdem ist es für CLARIAH-DE ein wichtiger Input zu erfahren, an welchen Stellen im eigenen Programmportfolio noch Verbesserungspotential besteht bzw. welche Angebote noch weniger bekannt sind und daher beworben werden sollten.

Zeitnah nach der Veranstaltung wurde noch ein kurzer Blogpost veröffentlicht, um von der Veranstaltung und dem Ergebnis zu berichten.

 

Reflexion

Die Veranstaltung ist insgesamt als voller Erfolg zu werten, nicht nur, weil sie wie oben erwähnt gewinnbringend für alle Akteure war. Über die positiven Facetten der Veranstaltung wie Kontakt mit Nachwuchsforschenden, Forum für Nachwuchsforschende, Belebung der vDHd2021, Werbung für CLARIAH-DE usw. soll daher hier nicht weiter gesprochen werden.

Dagegen soll hier die Frage diskutiert werden, ob es Verbesserungspotential gegeben hätte, was bei ähnlich gearteten künftigen Veranstaltungen anders gestaltet werden sollte oder ob und wie sich der insgesamt vielschrittige Prozess hätte vereinfachen lassen können.

Reichweite erhöhen

Es wäre sicher möglich gewesen, die Werbung für das Event noch breiter zu streuen, um so mehr Einreichungen zu erhalten und Teilnehmende für das Veranstaltungsplenum zu gewinnen. DHd-Blog, Twitter, die Projektwebsite, Mailinglisten und persönliche Nachrichten erreichen sicher viele Teilnahmeinteressierte. Dennoch hätte der Call auch auf weiteren Websites beworben werden können, vielleicht gerade auch außerhalb des üblichen Bereichs von Forschungsdateninfrastrukturwebsites, um gerade infrastrukturferne Nachwuchsforschende besser zu erreichen. Denn diese sind vermutlich kaum auf den Websites von CLARIAH-DE oder im DHd-Blog unterwegs. Dennoch sind sie womöglich ebenso interessiert an Infrastrukturthemen und bieten alternative Herangehensweisen an Probleme. Genau diesen Bereich sollte CLARIAH-DE auch unabhängig vom Pitch erreichen, um die eigene Bekanntheit und die seines Angebots zu erhöhen und so seinen Einfluss in den Geisteswissenschaften zu steigern.

Gleiches gilt für die Werbung in universitären Seminaren und Vorlesungen. Auch hier wurde v.a. durch Projektbeteiligte in deren jeweiligen Veranstaltungen geworben, die ohnehin häufig eine Nähe zu Forschungsinfrastrukturen oder den Digital Humanities im Allgemeinen haben. Hier hätte die Ansprache auch in den “klassischen” geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen erfolgen können.

Eine Möglichkeit, um die Attraktivität der Veranstaltung weiter zu erhöhen, wäre sicher gewesen, das Preisgeld offensiv zu bewerben. Hiergegen hat sich das CLARIAH-DE Office aber bewusst entschieden, da die ideellen Werte des Gewinns des CLARIAH-DE-Awards die monetären deutlich überwiegen und diese zur Motivation ausreichend sein sollten.

Reviewprozess

Leichtes Verbesserungspotential könnte auch der CLARIAH-DE-interne Auswahl- bzw. Reviewprozess bieten. Dieser beruhte auf ausführlichen Diskussionen über die und Stellungnahmen zu den eingereichten Abstracts anhand des beschriebenen Kriterienkatalogs (vgl. Beiträge und deren Bewertung). Ein solcher Kriterienkatalog kann theoretisch unendlich feingranular sein.

Die Jury zur Bewertung wurde durch die Mitglieder des CLARIAH-DE Office besetzt, die zwar unterschiedliche akademische Hintergründe haben, doch alle durch das Projekt CLARIAH-DE verbunden sind. Hier hätte der Hinzuzug externe Jurymitglieder einen wertvollen Außenblick bieten können[3]. Insgesamt war der Auswahlprozess dennoch transparent, die fehlende externe Perspektive war aufgrund der Zahl der Einreichungen unproblematisch. Im vorliegenden Fall nicht anwendbar, aber für künftige Veranstaltung interessant wäre es, mehrere Calls und mehrere Veranstaltungen je nach akademischem Fortschritt durchzuführen[4]. Da wir den Terminus “akademischer Nachwuchs” sehr weit definiert haben und sowohl Studienanfänger als auch Promovierende in einem späten Stadium darunter gefasst haben, ist eine Divergenz in der wissenschaftlichen Qualität der Abstracts nur logisch. Die Einreichenden weiter zu unterteilen, würde hier zu besserer Vergleichbarkeit führen. Gleichzeitig hätte die Jury nicht die Schwierigkeit, die Einreichungen immer auch in Abhängigkeit des akademischen Fortschritts zu bewerten.

Essentiell für einen reibungslosen Ablauf und eine faire Preisvergabe ist auch die gute Abstimmung der Bewertenden. Denn die Verleihung sollte ja zum Ende der Veranstaltung stattfinden und gleichzeitig nur eine kurze Beratungspause enthalten. Für den Fall, dass das Plenum mehreren Beitragenden ähnlich viele Stimmen zuspricht, müsste intern auf ein klares Ranking zurückgegriffen werden können. Das interne Ranking hat zwar klare Tendenzen gezeigt (die vom Publikum dann auch bestätigt wurden), aber keine exakten Platzierungen enthalten. Für mögliche enge Abstimmungen sollte eine klare Platzierungsliste vorbereitet werden.

Durchführung

An der Durchführung der Veranstaltung ist kaum Verbesserungspotential zu sehen. Das mag daran liegen, dass die Diskussion sehr lebhaft war und keines Anstoßes bedurft hatte. Für diesen Fall hatte die Moderation aber einige Eisbrecherfragen vorbereitet. Auch die Abstimmung über die Gewinnerin ist als fair zu bewerten, da alle Beteiligten – ob Beitragender oder Zuhörender, nur die Veranstaltenden um das CLARIAH-DE Office ausgenommen – gleiche Abstimmungsrechte hatten. Dennoch würde das Vorgehen bei der Abstimmung in einem künftigen Event überarbeitet werden, da durch Absprachen und institutionelle Übergewichte Einfluss auf Abstimmung und Bewertung hätte genommen werden können. Aufgrund der Herkunftsinstitutionen der Teilnehmenden war dieser Fall glücklicherweise auszuschließen. Doch auch hier gilt: Auch diese Eventualität hätte bedacht werden müssen.

Die rege Teilnahme am Event und die fruchtbaren Diskussionen lassen jedoch den Schluss zu, dass die Anlage des Events attraktiv und die Umsetzung dem angemessen war. Dass es dennoch einige Verbesserungspunkte gibt, kann auch positiv gewertet werden – das bietet Spielraum und Motivation für einen (oder mehrere?) weitere CLARIAH-DE Infrastruktur-Pitches!


[1]: Als Nachwuchsforschende galten nach unseren Kriterien alle, die studieren oder promovieren und noch keine Promotion abgeschlossen haben.

[2]: Alternative Einreichungsformate wurden von den Einreichenden nicht gewählt; sämtliche Einreichungen waren schriftliche Abstracts.

[3]: Dies wurde beispielsweise beim DARIAH-DE Award 2018 durchgeführt, bei dem die Jury aus Expert*innen aus dem Bereich Wissenschaft, Kultur und Bildung mit den Schwerpunkten Open Science, Open Access und Open Data bestand: https://de.dariah.eu/dariah-dh-award-2018-ausschreibung.

[4]: Auch hier ist der DARIAH-DE Award 2018 zu erwähnen, der zwar keine separaten Calls lanciert, wohl aber den wissenschaftlichen Fortschritt bei der Bewertung stark gewichtet hat, so dass auch Studierende ohne Abschluss gegenüber Promovierenden bevorzugt wurden.


Literatur und Links

Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen (2010): Grundsätze zum Umgang mit Forschungsdaten, https://doi.org/10.2312/ALLIANZOA.019.

Arbeitsgruppe Forschungsdaten der Schwerpunktinitiative “Digitale Information” der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen (2018): Forschungsdatenmanagement. Eine Handreichung, Potsdam: Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, https://doi.org/10.2312/allianzoa.029.

Deutsche Forschungsgemeinschaft (2015): Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten.

Geiger, Jonathan; Kolodzie, Lisa; Schumacher, Mareike und Toschka, Patrick (2021): „vDHd2021 bei RaDiHum20: Der CLARIAH-DE Best Pitch Award,“ in: RaDiHum 20, 25. Februar 2021, https://radihum20.de/clariah-de-best-pitch-award/.

vDHd (2021): CLARIAH-DE Young Researcher Infrastruktur-Pitch mit Best-Pitch-Award. vDHd-Blog, 28. Januar 2021, https://vdhd2021.hypotheses.org/143.

Weimer, Lukas (2021): And the winner ist… – Bericht vom CLARIAH-DE Young Researcher Infrastruktur-Pitch auf der vDHd2021. DHd-Blog, 31. März 2021, https://dhd-blog.org/?p=15604.

Weimer, Lukas (2021): CLARIAH-DE Infrastruktur-Pitch auf der vDHd2021 – Vortragende stehen fest! DHd-Blog, 5. März 2021, https://dhd-blog.org/?p=15341.

Weimer, Lukas (2021): Nachwuchswissenschaftler*innen gefragt: CLARIAH-DE Infrastruktur-Pitch auf der vDHd 2021. DHd-Blog, 7. Januar 2021, https://dhd-blog.org/?p=14865.

Wilkinson, Marc D., Dumontier, Michel, et al. (2016). The FAIR Guiding Principles for

scientific data management and stewardship. Scientific Data 3, 160018,

https://doi.org/10.1038/sdata.2016.18.



Blogpostserie im vDHd-Blog

Teil 1: Dîlan Canan Çakir: Datenbank deutschsprachiger Einakter (1740er–1850er), https://vdhd2021.hypotheses.org/926.

Teil 2: Katharina Leyrer: Ein König*innenreich für ein Beispiel! Wie ein Dienst von CLARIAH-DE die Vermittlung von Forschungsdatenmanagement fördern könnte, https://vdhd2021.hypotheses.org/942.

Teil 3: Peggy Bockwinkel: Der Schwarzmarkt des Datenhandels, https://vdhd2021.hypotheses.org/975.

Teil 4: Kristina Becker: Phonetisch-phonologische Metadaten in der Forschung: Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Angebot der Datenbank für Gesprochenes Deutsch (DGD), https://vdhd2021.hypotheses.org/994.

Teil 5: Dennis Ried: Ludwig Baumann – Leben, Werk und Wirken. Eine Fallstudie zur Grundlagenforschung in der digitalen Musikwissenschaft, https://vdhd2021.hypotheses.org/1005.

Teil 6: Steffen Rörtgen: WirLernenOnline, Crawling und das Semantic Web, https://vdhd2021.hypotheses.org/1000.

 

Weitere Links

FAIR-Prinzipien: https://www.go-fair.org/fair-principles/.

TextGrid e.V.: http://www.textgrid-verein.de/.

DHd-Blog: https://dhd-blog.org/.

CLARIAH-DE: https://www.clariah.de

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