Abstracts schreiben für die DHd: Tipps und Tricks
Das Verfassen von Konferenz-Abstracts ist eine zentrale Tätigkeit im akademischen Alltag. Dennoch gibt es kaum Materialien, die Anfänger:innen hierbei unterstützen. Ich habe viel dadurch gelernt, selbst als Gutachterin tätig zu sein. Doch die Gutachter:innentätigkeit steht Early Career Scholars im Normalfall noch nicht offen. Deshalb möchte ich einige Tipps aus meiner eigenen Erfahrung als Reviewerin teilen, die beim Verfassen eines Abstracts für die DHd-Konferenz 2025 in Bielefeld hilfreich sein könnten.
[Dieser Beitrag ist eine deutschsprachige und adaptierte Version des folgenden Blogposts, der noch mehr konkrete Kritikpunkte aus meiner Reviewer:innentätigkeit enthält: How to write a (Digital Humanities) abstract? Lessons Learned from Reviewing, in: The LaTeX Ninja Blog ]
Die Abstract Trias
Zunächst möchte ich auf die nützlichen Tipps von Karen Kelsky hinweisen, die die formelhafte Struktur von Abstracts betonen:
- Thema und Relevanz: Beginnen Sie mit einem breit diskutierten Thema. Dabei handelt es sich noch nicht um das eigentliche Thema des Abstracts, sondern ein größeres Thema oder einen Diskurs, dem Sie sich angehörig fühlen. Erklären Sie das Thema und seine Relevanz, sodass auch Personen, die nicht in diesem Bereich arbeiten, es verstehen können. Die Relevanz muss also recht allgemein sein.
- Forschungslücke oder Problem: Dann identifizieren Sie eine Lücke in der Literatur oder ein Problem in der aktuellen Forschung. Dies kann am Anfang der Karriere schwierig sein, da Sie noch keinen so guten Überblick über die Forschung haben. Hierbei können Mentor:innen oder Kolleg:innen helfen. Geben Sie an, welche Materialien Sie betrachten und mit welchen Methoden Sie diese analysieren.
- Lösungsansatz bzw. Held:innennarrativ: Beschreiben Sie, wie Ihr eigenes Projekt oder Ihr Vorschlag diese Lücke oder dieses Problem adressiert.
Zur Veranschaulichung ein Beispiel: „Digitale Editionen sind zentrale Medien, um hochqualitative Primärtexte zur Verfügung zu stellen, doch das Feld ist weiterhin vom traditionellen Kanon dominiert (Hall 2019). Dadurch reproduziert sich dieser. Das Data Feminsim Manifest (D’Ignazio/Klein 2020) bietet Strategien, um hier Abhilfe zu schaffen. Dieser Beitrag…“ Falls Sie sich für Data Feminism interessieren, kommen Sie doch mal beim Jour Fixe der AG Empowerment vorbei!
Was zeichnet einen guten Abstract aus?
Quinn Dombrowski hat ebenfalls Tipps zum Verfassen von Abstracts für die ADHO-Jahrestagungen zusammengestellt, die genauer darauf eingehen, wodurch eine gute Einreichung charakterisiert ist:
Verorten Sie die eigene Arbeit innerhalb bestehender Diskurse und versuchen Sie klarzustellen, was an Ihrer Arbeit neu ist oder was sie dem Stand der Forschung hinzufügt, sei es eine neue Perspektive, neue Daten oder eine neue Methode. Dabei sollte die Methodologie so konkret wie möglich beschrieben werden, ohne jedoch in übermäßige technische Details abzuschweifen, da Sie dadurch vermutlich über die Zeichengrenze kommen würden.
Stellen Sie sicher, dass Ihre Einreichung lesbar und gut strukturiert ist und den Stylesheet Guidelines zur Einreichung entspricht. Es ist ebenfalls wichtig, dass das Abstract der Einreichungskategorie bzw. dem gewählten Format entspricht. Zum Beispiel werden bei vielen Tagungen für Long Papers andere Arten von Einreichungen erwartet als für Poster, Short Papers oder Lightning Talks. Bei DHd-Tagungen gibt es Vorträge, Vorträge im Doctoral Consortium, Panels, Poster und Workshops. Lesen Sie den Call for Papers genau und passen Sie sich möglichst gut in die entsprechende Kategorie ein.
Anfangs fällt es schwer, die eigene Forschung so zu erklären, dass deren Fokus und Relevanz auch für Außenstehende ersichtlich ist. Man steckt inhaltlich so tief in einer Niesche, dass man nicht mehr erkennt, welche Begriffe beispielsweise nicht allgemein verständlich sind oder sich wundert, warum anderen Zeitgenoss:innen nicht sofort klar ist, warum die eigene Forschung wichtig ist. Ziehen Sie im Zweifelsfall Freunde und Kolleg:innen zurate und verbessern den Beitrag, bis er leichter verständlich ist und die zentralen Punkte nachvollziehbar herausstellt.
Typische Fehler beim Schreiben von Konferenzabstracts und wie man sie vermeidet
Als Reviewerin habe ich im Laufe der Zeit einige wichtige Lektionen darüber gelernt, wie man gute Abstracts schreibt. Es sind oft dieselben Fehler, die immer wieder auftauchen – und ja, auch ich mache diese Fehler. Es kann hilfreich sein, diese typischen Stolpersteine zu kennen und als Checkliste zu nutzen, um die Chancen zu erhöhen, dass die eigene Einreichung angenommen wird.
Fehler 1: Falsche Annahmen über das Vorwissen der Reviewer:innen
Ein häufiger Fehler ist die Annahme, dass Reviewerinnen sich extrem gut mit dem eigenen Thema auskennen. Tatsächlich kennen sich im Normalfall die Autor:innen selbst am besten mit ihrem eigenen Thema aus. Hier gilt es nun, dieses große Wissen für andere herunterzubrechen, die zwar im selben Feld tätig sind und denen dessen größere Diskurse bekannt sind, die aber selbst zu einem anderen Thema forschen.
Anfänger:innen tendieren hier meist entweder dazu, nicht genug zu erklären oder Bereiche, in denen sie selbst unsicher sind, zu ausführlich zu behandeln (auch wenn diese vielleicht für langjährige DHd-Teilnehmende zum Allgemeinwissen gehören). Zu viele Erklärungen von Grundlagen können daher inkompetent wirken, während fehlende Erklärungen von nicht selbstverständlichen Dingen zu Missverständnissen führen. Diese Balance zu finden ist für Neulinge nicht gerade trivial, aber mit Erfahrung wird das einfacher!
Fehler 2: Ungleichgewicht zwischen technischen Details und geisteswissenschaftlicher Relevanz
Bei allgemeinen Digital Humanities Konferenzen wie der DHd ist es wichtig, die richtige Balance zwischen technischen Erklärungen und der Relevanz für die Geisteswissenschaften zu finden. Ein Abstract sollte technisch nicht zu detailliert, aber auch nicht zu vage sein.
Vage Einreichungen machen es Reviewer:innen schwer, diese zu bewerten, was zu Punktabzügen führt. Bleiben Sie konkret, d.h. arbeiten mit konkreten Beispielen, die Sie nachvollziehbar erklären, statt allgemeine Behauptungen zu machen. Meine Studierenden machen dies sehr häufig, weil Ihnen Verallgemeinerungen (z.B. durch Nominalisierungen und Passivkonstruktionen) vermutlich gebildet und wissenschaftlich vorkommen. Doch Expert:innen durchschauen leere Worthülsen recht schnell, also bleiben Sie konkret und vermeiden Sie Verallgemeinerungen. Bedenken Sie auch, dass AI-Textgenerierung oft genau diese Fehler macht und liebend gern Konkretes verallgemeinert. Hier ist Vorsicht geboten!
Fehler 3: Fehlende Relevanz und Kontextualisierung
Vergessen Sie nicht, die Relevanz des eigenen Themas zu erklären! Warum ist es wichtig, sich damit zu beschäftigen? Was bringt es, und warum sollte jemand Ihren Vortrag besuchen, auch wenn die Person sich selbst nicht mit Ihrem Detailthema befasst? Diese Außenperspektive hilft, die Bedeutung des eigenen Projekts zu kommunizieren.
Fehler 4: Unbelegte Behauptungen und fehlende Literatur
Auch wenn Anforderungen für Abstracts in diesem Punkt variieren, ist es bei den DHd-Abstracts wichtig, eine Bibliografie beizufügen. Stellen Sie sicher, dass relevante Literatur zitiert ist und Sie Ihre Behauptungen mit Sekundärliteratur belegen.
Fehler 5: Verwendung von Fachbegriffen ohne Erklärung
Unerklärte Fachbegriffe oder nicht aufgelöste Akronyme können ebenfalls problematisch sein. Jedes Feld hat seine Fachbegriffe, aber es ist oft für Neulinge unklar, welche vorausgesetzt werden können und welche erklärt werden müssen. Es ist daher sinnvoll, eventuell nicht allgemein geläufige Fachbegriffe zu erklären oder Abkürzungen beim ersten Vorkommen auszuschreiben. Zu ausführliche Definitionen allgemein bekannter Begriffe werden allerdings von Expert:innen auch nicht gern gelesen, daher bietet es sich an, eine den Textfluss nicht weiter störende Kurzdefinition einzuschieben. Hier ein Beispiel: „Fibeln, antike Gewandnadeln, sind eine wichtige Fundkategorie in der Archäologie.“ Unterschätzen Sie nicht die Wichtigkeit solcher Erklärungen. Auf der DHd-Tagung treffen sich Menschen, die zwar ihre Digital Humanities Methoden gemeinsam haben, die aber aus unterschiedlichen fachlichen Hintergründen kommen können. Es gibt keine Garantie, dass Ihr Abstract von einer Person begutachtet wird, die aus Ihrer eigenen Fachdisziplin stammt. Bedenken Sie dies beim Formulieren Ihres Textes.
Feedback einholen
Eine gute Strategie ist es, das Abstract rechtzeitig fertigzustellen und es vor der Einreichung einer Person zu zeigen, die nicht so tief in Ihrem Thema drinsteckt wie Sie selbst. Feedback von außen hilft, Unklarheiten zu identifizieren und die Verständlichkeit zu verbessern.
Ich habe dies selbst lernen müssen, da ich mich inhaltlich mit Alchemieforschung befasse. Da ich dadurch immer viel mehr über das Thema wusste als die meisten anderen, denen es lediglich aus der Populärkultur geläufig ist, und sich außer mir kaum jemand in den DH damit befasst, muss ich den Kontext immer so erklären, dass er für Außenstehende verständlich ist. Ohne diese Erklärungen greifen Leser:innen auf eigenen Vorurteile zurück, was bei mir initial zu einigen Ablehnungen geführt hat, die auf inhaltlich schlichtweg falschen Kritikpunkten beruhten. Meist reicht es aus, einfach anfangs den aktuellen Forschungsstand zur Alchemie zu zitieren und deren Rolle in der Wissenschaftsgeschichte kurz zu erklären. Mittlerweile weiß ich, wie ich das kommuniziere und hatte auch seither keine Probleme mehr.
Fazit
Das Schreiben erfolgreicher Abstracts erfordert Übung und Feedback. Nutzen Sie die oben genannten Strategien und Tipps, um Ihre Abstracts zu verbessern und Ihre Forschung effektiv zu präsentieren.
Denken Sie auch über gemeinschaftliche Einreichungen nach. Hierbei kann man von Kolleg:innen lernen oder sich an der Teamarbeit einer DHd-AG beteiligen.
Viel Erfolg bei Ihren Einreichungen!
Kommentar schreiben