Zum Stand der Forschungsdaten in den digitalen Geisteswissenschaften

2 Veröffentlicht von Melanie Seltmann am

Dieser Beitrag über die DHd2024 entstand mit Unterstützung eines Reisekostenstipendiums von NFDI4Culture. Hiermit möchte ich mich herzlich bei NFDI4Culture für die Finanzierung der Reise bedanken.

Netzwerk mit Büchern, Computermonitor, Kugeln, Glühbirnen und anderen Symbolen, die auf Wissenschaft referieren
CC-BY 4.0 Melanie Seltmann, erstellt mit recraft.ai

Forschungsdaten sind nicht zuletzt durch die Konsortien der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) in (fast) aller Munde. In den Geisteswissenschaften besteht das Bild, dass viele gar nicht realisieren, dass es sich bei ihrem Forschungsgegenstand um Forschungsdaten handelt. Betrachtet man allerdings die mannigfaltigen Definitionen von Forschungsdaten – etwa von Kindling und Schirmbacher (2013) “Forschungsdaten bezeichnen (digitale) Daten, die je nach Fachkontext Gegenstand eines Forschungsprozesses sind, während eines Forschungsprozesses entstehen oder sein Ergebnis sind” – so wird schnell klar, dass wohl die meisten, wenn nicht gar alle, Wissenschaffenden es mit Forschungsdaten zu tun haben. Innerhalb der digitalen Geisteswissenschaften sollte das Verständnis hierfür wesentlich weiter ausgebaut sein. Auch wenn die NFDI allgemein mit Weiterbildungen, Vorträgen und sonstiger Wissenschaftskommunikation für immer mehr Bewusstsein in den gesamten Geisteswissenschaften sorgt. 

Das Vorgehen

Um den aktuellen Stand des Umgangs mit Forschungsdaten in den digitalen Geisteswissenschaften zu untersuchen – oder zumindest das Schreiben über diesen Umgang – habe ich mir die Einreichungen der diesjährigen DHd-Konferenz angesehen. Meine Datengrundlage sind die Abstracts, die als Schlagwort Forschungsdaten, Daten, Metadaten, FAIR, virtuelle Forschungsumgebung(en) oder Infrastruktur vergeben haben. Die Abstracts wurden in einer Zotero-Bibliographie gespeichert und als CSV-Datei exportiert. Innerhalb der daraus erstellten Excel Tabelle wurden verschiedene Kategorien annotiert. Diese Kategorien orientieren sich an den Phasen des Datenlebenszyklus (Datenbeschreibung, Datenerhebung, Datenaufbereitung, Datenhaltung/-speicherung, Datenarchivierung sowie Datennachnutzung). Hier wurde jeweils erfasst, ob die entsprechende Kategorie im Abstract beschrieben wurde. Zudem wurde die entsprechende Disziplin, aus der das Abstract stammt, erfasst und, ob die Wissenschaffenden selbst von Forschungsdaten schreiben. Ausgewertet wird hieraus nun, welche Abstracts überhaupt von Forschungsdaten sprechen und in welcher Form. Zudem wird untersucht, ob es disziplinäre Auffälligkeiten gibt.

Das Korpus

Auf die eben beschriebene Methode ließen sich 42 Abstracts von insgesamt 144 Abstracts herausfiltern, die in das Korpus einflossen (29%). Hierunter fallen 2 Panels, 25 Poster, 8 Vorträge und 7 Workshops. Die disziplinäre Zuordnung wurde anhand der Beschreibungen im Text vorgenommen und war teilweise etwas uneindeutig. Zudem wurden nicht nur Fächer vergeben, sondern auch breitere Felder wie Editionswissenschaft oder eine Kategorie interdisziplinär. Pro Abstract wurde genau eine Kategorie vergeben. Die meisten Abstracts waren interdisziplinär (n=14). Jeweils 6 Abstracts gehörten zur Geschichtswissenschaft oder zur Editionswissenschaft. 4 Abstracts kamen aus der Germanistik. Jeweils 2 Abstracts stammten aus der Kulturwissenschaft, Kunstgeschichte, den Regionalstudien oder der Romanistik und mit jeweils 1 Abstract waren die Klassische Philologie, die Musikwissenschaft, die Theaterwissenschaft sowie die Theologie vertreten.

Der Begriff der Forschungsdaten

In insgesamt 12 Abstracts wurde der Begriff Forschungsdaten explizit verwendet, auch wenn weitere Abstracts Daten durchaus in einem Forschungsdatenverständnis aufgeführt haben. Diese 12 Abstracts verteilen sich zum einen auf 71% aller Workshops (n=5), 50% aller Panel (n=1), 20% der Poster (n=5) sowie 13% aller Vorträge (n=1). Disziplinär verteilen sich die entsprechenden Abstracts zu jeweils 50% auf die Kulturwissenschaft (n=1) und die interdisziplinären Abstracts (n=7) sowie zu jeweils 33% auf die Geschichtswissenschaft (n=2) sowie die Editionswissenschaft (n=2). In der Hälfte der Abstracts geht es um das Thema Forschungsdatenmanagement oder einen Teilbereich daraus (n=6). Lediglich 2 Abstracts behandeln eine disziplin-originäre Forschungsfrage (Pultar et al. 2024; Gödel et al. 2024).

Diskussion der Ergebnisse

Insgesamt kann man feststellen, dass das Thema Forschungsdaten durchaus präsent in der DH-Community ist. Auch in den Beiträgen, die nicht explizit von Forschungsdaten reden, sind insbesondere die Bereiche Datenbeschreibung, Datenaufbereitung sowie Datenhaltung/-speicherung beschrieben. Und keines der Abstracts lässt die Vermutung aufkommen, dass die behandelten Daten nicht als Forschungsdaten aufgefasst würden. Durchaus besonders ist auch die Beschäftigung mit dem Forschungsdatenmanagement als solchem. In nur wenigen disziplinspezifischen Tagungen wird dem eine ganze Reihe von eigenen Beiträgen gewidmet, von der Informationswissenschaft einmal abgesehen. Die hier behandelten Themen reichten etwa vom grünen Forschungsdatenmanagementplan (Gerber und Rosendahl 2024) über barrierefreien Umgang mit Forschungsdaten (Wunsch et al. 2024) bis hin zu konkreten Hilfestellungen zu Datenmanagementplänen in den Computational Literary Studies (Jung et al. 2024). Neben den betrachteten Abstracts gab es zudem noch einen Stand von der Memorandumsgruppe der vier geisteswissenschaftlichen NFDI-Konsortien NFDI4Culture, Text+, NFDI4Memory undNFDI4Objects sowie Base4NFDI, an dem man sich beraten lassen konnte, Gespräche (nicht nur) über Forschungsdaten führen konnte sowie das ein oder andere schicke Merch bekommen hat.

Bibliographie

Gerber, Anja und Lisa Rosendahl. 2024. Der Weg zum grünen Forschungsdatenmanagementplan. doi: 10.5281/zenodo.10698392.

Gödel, Martina, Lou Klappenbach, Ruth Sander und Markus Schnöpf. 2024. Wer sind die Herausgeber:innen Digitaler Editionen? Eine Untersuchung zur Repräsentation von Digital Humanities-Wissenschaftler:innen. doi: 10.5281/zenodo.10698446.

Jung, Kerstin, Patrick Helling und Steffen Pielström. 2024. Vom DMP zum DDP – Erstellen fachspezifischer Datenmanagementpläne für die Computational Literary Studies im Research Data Management Organizer (RDMO). doi: 10.5281/zenodo.10698436.

Kindling, Maxi und Peter Schirmbacher. 2013. „Die digitale Forschungswelt“ als Gegenstand der Forschung / Research on Digital Research / Recherche dans la domaine de la recherche numérique: Lehrstuhl Informationsmanagement / The informationmanagement department / La section gestion de l’information à l’IBI. Information – Wissenschaft & Praxis 64, Nr. 2–3: 127–136. doi: 10.1515/iwp-2013-0017.

Pultar, Yannick, Christina Abel, Matthias Weber, Dominik Kasper und Andreas Kuczera. 2024. Vernetzte Forschungsdaten – wer kennt wen im Mittelalter? doi: 10.5281/zenodo.10698303.

Wunsch, Samuel, Katrin Anna Lehnen, Katrin Henzel und Andreas Christ. 2024. Offen – frei zugänglich – für alle? Partizipative Ansätze zum barrierefreien Umgang mit Forschungsdaten. doi: 10.5281/zenodo.10698481.

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    Zum Stand der Forschungsdaten in den digitalen Geisteswissenschaften – Text+ Blog

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    […] herzlich bei NFDI4Culture für die Finanzierung der Reise bedanken. Der Originalbeitrag ist auf dem DHd-Blog […]

  • no image

    DHd2024: RaDiHum20 spricht mit den DHd2024-Stipendiat*innen Melanie Seltmann, Jennifer Ritter und Erik Renz - RaDiHum 20

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    […] auch über andere Social-Media-Beiträge der . Melanie hat z.B. einen Blogeintrag mit dem Titel ‚Zum Stand der Forschungsdaten in den digitalen Geisteswissenschaften‘ geschrieben. Jennifers Beitrag hat neben dieser Podcastfolge noch eine Instagram-Post-Serie […]

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