Zur Sprachenfrage bei der DHd-Jahrestagung

0 Veröffentlicht von Christof Schöch am

Die Sprachenfrage stellt sich innerhalb des Verbands “Digital Humanities im deutschsprachigen Raum” (DHd-Verband) immer wieder. Das ist nicht überraschend, ist diese definitorische Frage doch schon im Namen des Verbands eingeschrieben, zumal in der komplexen Verschränkung mit einer geographischen Komponente. Dabei ist der deutschsprachige Raum keine Frage von Nationalstaaten, sondern eine sprachlich determinierte geographische Umschreibung, die nicht nur Deutschland, Österreich und Teile der Schweiz, sondern u.a. auch Luxemburg und Teile von Belgien umfasst. Zugleich erinnert der Name des Verbands auch an die Rolle des Deutschen als Werkzeug, Kommunikationsmittel und Untersuchungsgegenstand in unserer Community. 

Einige werden sich daran erinnern, dass das Thema im Rahmen der Mitgliederversammlung während der Jahrestagung des DHd-Verbands in Bern im Jahr 2017 diskutiert wurde. Damals ist die bisher gültige Formel vereinbart worden, nach der die schriftlichen Abstracts bevorzugt auf Deutsch, aber auch in anderen Sprachen zur Begutachtung eingereicht werden können; und dass die Sprache der Vorträge bevorzugt Deutsch ist, aber Vortragende, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, auch in einer anderen Sprache vortragen können. Damals haben wir ausdrücklich nicht festgelegt, welche diese anderen Sprachen sein können; aus nachvollziehbaren pragmatischen Gründen hat sich dies aber in der Praxis der letzten Jahre auf Englisch als Alternative zum Deutschen beschränkt. 

Diskussionen der jüngeren Zeit, die an verschiedenen Stellen stattgefunden haben, haben dazu geführt, dass der Vorstand des DHd-Verbands sich im Juni 2020 erneut intensiv mit der Sprachenfrage insbesondere (aber nicht nur) bei der Jahreskonferenz auseinandergesetzt hat. Zahlreiche Argumente wurden gegeneinander abgewogen und sind letztlich in die kürzlich modifizierte Formulierung des Abschnitts zur Sprachenfrage im Call for Papers für die DHd2021 eingeflossen. Dieser Abschnitt lautet nun: 

“Die primäre Sprache der Veranstaltung ist Deutsch. Vorschläge sollen in deutscher Sprache eingereicht werden, sie können aber auch auf Englisch eingereicht werden. Die Beiträge sollen auf Deutsch vorgetragen werden, sie können aber in begründeten Fällen auch auf Englisch vorgetragen werden.“

Mit dem vorliegenden Text möchten wir diese Passage etwas kontextualisieren und erläutern und eine Diskussion in der Community anregen, die auch in eine erneute Thematisierung bei der nächsten Mitgliederversammlung münden kann. 

Einiges spricht aus unserer Sicht dafür, der deutschen Sprache auch weiterhin eine besondere Rolle bei der Jahreskonferenz zuzusprechen. Die deutsche Sprache ist ein Alleinstellungsmerkmal unseres Verbandes und unserer Konferenz, ein wichtiges Identifikationsmoment unserer Community und eine lebendige Wissenschaftssprache, die wir auch weiterhin als solche fördern möchten. Auch werden durch das Deutsche als (primäre) Konferenzsprache die Einstiegshürden in den wissenschaftlichen Diskurs während der Tagung für Nachwuchswissenschaftler*innen nicht noch durch eine zusätzliche sprachliche Herausforderung gesteigert. Und an alternativen Konferenzen, bei denen auf Englisch vorgetragen und diskutiert werden kann, herrscht kein Mangel.

Zugleich gibt es auch Argumente dafür, die Konferenz nicht ausschließlich auf das Deutsche zu begrenzen. So ist es uns als DHd-Vorstand wichtig, alle Mitglieder der DH-Community im deutschsprachigen Raum – einschließlich derjenigen, die im deutschsprachigen Raum leben und arbeiten und in erster Linie andere Sprachen als das Deutsche praktizieren – in unserer Community und bei unseren Jahreskonferenzen willkommen zu heißen. Auch die Möglichkeit, internationale Sichtbarkeit für die Beiträge aus unserer Community herzustellen, ist uns ein Anliegen. Und natürlich spielt die englische Sprache in den digitalen Geisteswissenschaften eine gewichtige Rolle und wir gehen davon aus, dass die meisten Mitglieder unserer Community neben dem Deutschen auch das Englische und ggfs. weitere Wissenschaftssprachen praktizieren. Es erscheint uns aber aus den oben genannten Gründen angemessen, dass der Call for Papers weiterhin nur auf Deutsch publiziert wird.

Den bis hierher genannten Zielen ist schon die Regelung von 2017 gefolgt. Die nun leicht veränderte Formulierung im Call for Papers soll diese Ziele noch einmal deutlicher machen. Zugleich schränken wir die Sprachauswahl aus pragmatischen, nicht so sehr aus sprachpolitischen Gründen, auf das Englische ein: sowohl die angemessene Begutachtung der schriftlichen Fassung als auch die Verständlichkeit des mündlichen Vortrags für eine möglichst große Zahl von Teilnehmer*innen wird auf diese Weise gefördert. Zudem hat die Praxis der letzten Jahre gezeigt, dass ohnehin nur Englisch als eventuelle, alternative Sprache gewählt wurde. 

Wir möchten in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich deutlich machen, dass die Sprache der Einreichung kein Kriterium für die Begutachtung darstellt und alle Beiträge gleichermaßen nach den bewährten inhaltlichen und formalen Kriterien begutachtet werden. Unabhängig von der verwendeten Sprache ist selbstverständlich weiterhin ein Begutachtungskriterium, ob ein Beitrag verständlich formuliert ist. 

Wir hoffen, dass wir mit dem vorliegenden Text die Überlegungen hinter der aktuellen Regelung zum Verhältnis von Deutsch und Englisch als Konferenzsprachen transparent und die Besonderheiten unseres Verbandes nochmals deutlich machen konnten und freuen uns auf Ihre Kommentare sowie auf die Diskussionen, die wir bis zum Wiedersehen bei der DHd2021 in Potsdam führen werden. Bei der dortigen Mitgliederversammlung möchten wir die Regelung mit Ihnen besprechen und für zunächst drei weitere Jahre festlegen, bis dann eine erneute Überprüfung erfolgen soll.

Der Vorstand des DHd-Verbands im Juni 2020

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