Berliner DH-Preis erstmalig verliehen
In diesem Jahr wurde erstmalig der Berliner Digital Humanities Preis durch den Interdisziplinären Forschungsverbund Digital Humanities in Berlin (if|DH|b) verliehen. Mit dem Berliner DH-Preis werden innovative und für die Fachforschung relevante DH-Projekte ausgezeichnet – sie sollen neue und für das Forschungsfeld gerade auch außerhalb der DH-Community inspirierende Erkenntnisse liefern. Die Jury bewertete den innovativen Charakter, die konsistente Nutzung von Standards und Normdaten sowie die besonderen Anstrengungen, die unternommen wurden, um eine nachhaltige Verfügbarkeit der Projektergebnisse zu gewährleisten (Informationen des if|DH|b zum Berliner DH-Preis 2015). Die Preisverleihung fand am 15. Juni 2015 statt.
Der Jury des Berliner DH-Preises 2015 gehörten an: Dr. Anne Baillot (Humboldt-Universität zu Berlin / Einstein-Zirkel Digital Humanities), Prof. Dr. Marian Dörk (Fachhochschule Potsdam, Information Visualization), Prof. Dr. Gerd Graßhoff (Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Philosophie / Exzellenzcluster TOPOI), Elisabeth Lindinger (Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Forschungsgruppe Creative Media/ Innovationsforum „Interactive Technologies“) und Ralf Stockmann (Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Referatsleiter Innovations-Management).
In diesem Jahr wurden ein erster und ein zweiter Preis sowie ein Nachwuchspreis im Gesamtwert von 3000 EUR vergeben. Der erste Preis wurde an Stefan Dumont (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften) für das Projekt „correspSearch – Verzeichnisse von Briefeditionen durchsuchen„ verliehen. Der Laudator Ralf Stockmann begründete die Entscheidung der Jury wie folgt: „Stefan Dumont hat ein einzigartiges Tool entwickelt, mit dem digitale Briefeditionen erschließbar sind. Die Besonderheit liegt darin, dass mit dem Webservice Verknüpfungen zwischen unterschiedlichen Briefeditionen hergestellt werden können. Dies war zwischen einzelnen Editionen bisher nicht möglich. Das Projekt setzt innovative Digital Humanities Techniken ein. Es ist zu erwarten, dass es andere geisteswissenschaftliche Projekte infizieren und ermutigen kann, Digitalisierungen von Briefeditionen zu erstellen und diese nutzbar und verknüpfbar zu machen.“
Mit dem zweiten Preis wurde das Projekt „1914-1918-online. International Encyclopedia of the First World War„ von Prof. Dr. Oliver Janz (Freie Universität Berlin), Prof. Dr. Nicolas Apostolopoulos (Freie Universität Berlin), Dr. Klaus Ceynowa (bis April 2015: Dr. Rolf Griebel) (Bayerische Staatsbibliothek) und dem Projektteam ausgezeichnet. „Das Projekt hat es geschafft, neue Maßstäbe zu setzen“, so die Laudatorin Elisabeth Lindinger. „Trotz ihres großen und immer noch wachsenden Umfangs wirkt die Online-Enzyklopädie übersichtlich und lädt zum Verweilen und Erforschen ein. Die Inhalte sind hervorragend aufgearbeitet: Aus enzyklopädischen Einträgen, themenbezogenen Artikeln und Digitalisaten zeitgenössischer Bildmedien formt sich ein eindrucksvolles und erstaunlich buntes Bild zu zahlreichen Aspekten des Ersten Weltkriegs. ‚1914-1918-online‘ gelingt es dadurch, ein vielfältiges Publikum auch jenseits der Wissenschaft anzusprechen. Dabei hält die Enzyklopädie wissenschaftliche Standards ein und stellt sicher, dass die digital publizierten Beiträge auch in akademischen Arbeiten referenziert werden können.“
Den Nachwuchspreis erhielt Florian Barth für seine in der Literaturwissenschaft verfasste Bachelorarbeit „Das Werk Bertolt Brechts und seine Mitarbeiter„, in der er eine stilometrische Analyse vornahm. Anne Baillot resümiert in der Laudatio für den Berliner DH-Nachwuchspreis 2015: „Es ist zu erwarten, dass Florian Barth sowohl mit der Spezifität seiner Fallanalyse als auch mit der weiteren Vertiefung in die Methoden und Werkzeuge der Digital Humanities beachtliche Erfolge erzielen wird. Das Projekt kann innerhalb der Literaturwissenschaft anregen, neue Methoden in die eigene Arbeit zu integrieren. Mit der Vergabe des Nachwuchspreises unterstützt und ermutigt die Jury ausdrücklich die Förderung des Nachwuchses im Bereich der Digital Humanities.“
Den Abendvortrag „Ein Netzwerkansatz für Kulturgeschichte“ hielt der Kunsthistoriker Maximilian Schich auf der Preisverleihung; derzeit Associate Professor für Arts and Technology an der University of Texas, Dallas. In seinen Forschungen verbindet Maximilian Schich quantitative, visualisierende und hermeneutische Methoden zur Beschreibung und Erklärung der Entstehung von Komplexität in den Kunst- und Geisteswissenschaften. Große internationale Resonanz rief seine in Science veröffentlichte Studie „A network framework of cultural history“ (Schich et al. 2014) hervor, in der er kulturgeschichtliche Abläufe der letzten beiden Jahrtausende in Europa und Nordamerika nachzeichnet. Der Vortrag basierte auf dem Science-Artikel und auf einer Animation zur kulturellen Kartierung, die gleichzeitig im Kanal von nature video publiziert wurde.
- Freier Zugang zum Science-Artikel (Schich et al. 2014) mit Zusatzdaten sowie zum nature-Video „Charting Culture“ über www.cultsci.net
- Beitrag des Deutschlandradio Kultur „Digital Humanities. Wunderwerkzeuge für Geisteswissenschaftler“, auf Basis eines Interviews von Jochen Stöckmann mit Maximilian Schich am 15. Juni 2015
Der Interdisziplinäre Forschungsverbund Digital Humanities in Berlin (if|DH|b) schafft ein Forum zur Stärkung der gemeinsamen regionalen Interessen in Forschung, Lehre und nachhaltiger Datenbereitstellung über die etablierten Fach- und Organisationsgrenzen hinweg. In gemeinsamer Arbeit sollen die Leistungen und Kompetenzen auf dem Gebiet der Digital Humanities am Standort Berlin-Brandenburg sichtbar gemacht und ausgebaut werden. Es wird ein Konzept für die nachhaltige Verankerung von Forschung und Lehre der Digital Humanities als Teil der geisteswissenschaftlichen Landschaft Berlin-Brandenburgs erarbeitet. Der Verbund stellt Überlegungen an, welchen Beitrag ein regionales Digital Humanities Zentrum zur Sicherung der Langzeitverfügbarkeit geisteswissenschaftlicher Forschungsdaten und der Herstellung von Synergien in der Datenerstellung, -pflege und -vorhaltung sowie der Förderung von Standards und Interoperabilität leisten kann. Die Koordination des Interdisziplinären Forschungsverbundes obliegt der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
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