„Ich gehöre zu denen, die Sachen möglich machen“ – David Maus‘ Weg in die Forschung

0 Veröffentlicht von Max Hebeis am

Eine Karriere in der Wissenschaft? Zu unsicher, zu kompetitiv, denken viele Studierende. Besonders in stark interdisziplinären Fächern wie den Digital Humanities kommt der Zweifel über die eigenen Fähigkeiten hinzu: Kenne ich mich wirklich gut genug in meinen Fachgebieten aus? Und wie komme ich eigentlich in die Forschung? Fragen, die auch mich als Erstsemester der Digital Humanities an der Universität Bamberg umtreiben. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, habe ich über Zoom einige Interviews mit Wissenschaftler:innen am Rande der DHd2022 über ihren Weg in die Forschung geführt, die nun hier im DHd-Blog gepostet werden. Die Interviews sind zugleich mein Medienbeitrag als Reisestipendiat der DHd.

Dies ist das zweite Interview der Reihe und wurde am 11.03.2022 geführt.

 

Wie bist Du bei den Digital Humanities gelandet?

Ich habe Soziologie an der Uni Jena studiert. Neben dem Studium habe ich mich immer für IT interessiert und war ziemlich lang Systemadministrator für den AStA. In die „Bibliotheksszene“ bin ich über eine Stelle an der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel hineingerutscht. Da stand Programmieren im Mittelpunkt, Webanwendungen entwickeln, kollaborativ Katalogisieren, was für mich ganz neu war. Im Anschluss bin ich dann gleich in einem DH-Projekt gelandet, das war der Digital Humanities Forschungsverbund. Das war ein ziemlich groß aufgezogenes Programm mit verschiedenen Playern aus Göttingen, von Archäologen bis zu den Politikwissenschaftlern, wo wir auch relativ frei mit Technologien aus dem Bereich Semantic Web, Named Entity Recognition und Layout-Analyse experimentieren konnten.

Was gefällt Dir am meisten an der Arbeit in der Forschung? Siehst Du auch Nachteile im Vergleich zur freien Wirtschaft?

Ich bin im Dunstkreis der Forschung, forsche aber selbst nicht. Ich gehöre zu denen, die Sachen möglich machen, mit Spezialisierung in den XML-Technologien. Mir gefällt, dass es intellektuell herausfordernd ist. Den Vergleich zur freien Wirtschaft kann ich schlecht ziehen – ich habe das Glück, dass ich sehr früh entfristet worden bin, was eine super Erleichterung war. Dass ich in einigen Gebieten so gut bin, wie ich bin, liegt daran, dass ich diesen Druck nicht mehr hatte und mich relativ frei entfalten konnte. Ich muss nicht darüber nachdenken, wo ich mich nächstes Jahr bewerben muss, und ich muss nicht am laufenden Meter Papers publizieren. Was mich an der freien Wirtschaft reizen würde, ist, dass man sich dort sehr viel stärker spezialisieren kann und sich aussuchen kann, was man macht. Ich mache viele Sachen, weil sie dazugehören.

Was fasziniert Dich an Deinem Arbeitsgebiet am meisten?

Wenn Du mit Markuptechnologie arbeitest, kannst du auf Technologien und eine Community zurückgreifen, die bis in die 70er zurückreichen. Die Leute, die an SGML, HTML, XML beteiligt waren, die gibt es immer noch, und es ist einfach super, wenn Du auf eine Konferenz fährst und diese Leute triffst, die dir erzählen können, was für eine Befreiung Markupsprachen damals gewesen sind. Du schilderst ein Problem aus dem Bereich Markup und Du weißt, die Leute haben das alles schon gesehen und Du kannst Feedback einholen über mögliche Lösungsmöglichkeiten für Dein Problem.

Woran arbeitest Du im Moment oder was ist Dein nächstes Projekt?

Das große Projekt, das ich im Moment habe, ist in Hamburg den DH-Bereich in der Staatsbibliothek stärker auszubauen. Im Rahmen von Dehmel Digital arbeiten wir gerade an einem Antrag, diese 35000 Briefe zu erschließen. Im Moment arbeite ich außerdem an einem Paper für eine Konferenz in Prag im Juni, in dem ich Möglichkeiten untersuche, wie man ISO Schematron in XSLT implementieren kann. Da gibt es mindestens drei Varianten und die schaue ich mir gerade an.

 

David Maus ist Leiter der Abteilung für Forschung und Entwicklung an der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg „Carl von Ossietzky“. Auf der DHd2022 hielt er gemeinsam mit Julia Nantke den Vortrag „Best of Both Worlds: Zur Kombination algorithmischer und manueller Verfahren bei der Erschließung großer Handschriftenkorpora“.

Kommentar schreiben