DH Discovery – Humanists meet Computers. Ein erster Werkstattbericht

0 Veröffentlicht von Andrea Rapp am

Der „Kollege Computer“ ist aus unserer täglichen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken – aber wie genau sieht diese Arbeitswelt in der Wissenschaft aus? Wie begegnet man dem Kollegen Computer, wenn sein Einsatzbereich in der gewohnten Arbeitswelt noch neu und ungewohnt ist? Wie verändert der neue Kollege die eigene Arbeit, welche (Anfangs-)Schwierigkeiten gibt es, wie entwickelt sich die Zusammenarbeit und welche Erfolge kann man gemeinsam erzielen? Um diese Fragen für den geisteswissenschaftlichen Forschungsprozess beantworten und die entsprechenden Rahmenbedingungen, Vorgänge und Entwicklungen möglichst genau beschreiben zu können, begeben sich Historiker_innen, Philolog_innen, Digitale Geisteswissenschaftler_innen und Wirtschafts- und Medieninformatiker_innen gemeinsam in ein Reallabor – lassen sich beobachten und beobachten und reflektieren gemeinsam die Ergebnisse. Für die Betroffenen ist das zunächst durchaus eine ungewohnte Situation, aber wie unsere Workshops zeigen: Supereffektiv, um zu erfahren, wie (wir und die) Geisteswissenschaftler_innen mit mehr oder weniger DH-Kenntnissen ticken!

In unserem BMBF-geförderten Projekt Humanist Computer Interaction auf dem Prüfstand untersuchen wir empirisch mit verschiedenen Methoden (dazu demnächst mehr) das innovative Potenzial, das sich durch den Einsatz digitaler Tools für die Forschungsarbeit von Geisteswissenschaftler_innen entfalten kann. Ein Team aus Mitarbeitenden verschiedener Disziplinen und von drei Standorten – der JGU Mainz, der Hochschule Mainz und der TU Darmstadt – sowie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz als assoziiertem Partner widmet sich der Analyse konkreter Nutzungsszenarien und Forschungspraktiken beim Einsatz digitaler Werkzeuge in geisteswissenschaftlichen Forschungsprozessen. In der BMBF-Fördermaßnahme Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung – VIP+ sind wir mit dieser Ausrichtung auf geisteswissenschaftliche Innovations-Prozesse durchaus „exotisch“, so dass dem Projekt  eine Vorreiterrolle zukommt.

Die empirische Validierung erfolgt in einer internationalen Kollaboration von Forschergruppen, unseren Probandenteams, die alle in der Spätantike bzw. dem frühen Mittelalter ausgewiesen sind. Die ersten Usability-Studien als Teil der Validierung laufen derzeit mit unseren Workshops in Deutschland. Konkret testen wir gleichermaßen an und mit digitalophoben wie digitalaffinen Geisteswissenschaftler_innen (Masterstudierende bis Professor_innen) in unseren Reallaboren den Einsatz von

  • Annotieren und Kollaborieren,
  • Netzwerkanalyse und Georeferenzierung,
  • korpusbasierter linguistischer Analyse sowie
  • Digital Publishing.

Am Beispiel der Schriften Cassiodors, eines in Italien aktiven „Ministers“ der Ostgoten und zugleich Autor des 6. Jahrhunderts, bekommen die Teilnehmer_innen in Hands-On-Sessions, unterstützt durch Moderator_innen, die Möglichkeit, Vor- und Nachteile der einzelnen Methoden kennenzulernen und zu erleben. Begleitet werden diese praktischen Sessions von Diskussionsrunden und Fokusgruppeninterviews.

Wir wurden bisher nicht nur mit Begeisterung überschüttet …, aber genau das wollten wir ja auch analysieren und gemeinsam reflektieren! Aufschlussreich ist, dass die einzelnen Tools selbst bei den eher „zurückhaltend“ und eher analog arbeitenden Kolleg_innen sehr viel Zustimmung erfuhren, die Labor- und Testsituation zum Teil dagegen als befremdlich empfunden wurde. Die Workshops scheinen zumindest was das Klima (positive Grundstimmung / Offenheit) und die Kenntnisse der digitalen Möglichkeiten betrifft, sehr unterschiedlich zu laufen, aber insgesamt doch mit positivem Feedback. Außerdem werden wir bei Beibehalten der einheitlichen Standards in der Performanz immer besser.

Jetzt sind wir gemeinsam mit unseren engagierten Testgruppen (DANKE – an alle, die bisher dabei waren!) gespannt darauf, was wir nach der Auswertung aller Workshops innerhalb und außerhalb Deutschlands durch die Mitarbeiter an der Hochschule Mainz über unsere User erfahren werden. Je nach Ergebnis werden wir dann die Untersuchungsmethode und Ziele unserer nächste Validierungsrunde anpassen, die im Herbst/Winter 2019/20 laufen wird.

Informationen über unser Projekt: https://humanist.hs-mainz.de

Unseren Stand auf der Jahrestagung DHd 2019 in Mainz und Frankfurt vom 25.3.-27.3.2019 findet man im EG des Hörsaalzentrums vom Campus Westend (Aussteller IV). Wir freuen uns über Besuch und auf Erfahrungsaustausch, Gespräche und Diskussionen!

Laborgrüße senden Marietta Horster, Sven Pagel, Andrea Rapp und Torsten Schrade mit Team

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