Vorstellung der DARIAH DH-Award-PreisträgerInnen 2018: Linda Brandt

0 Veröffentlicht von Leonard Wolf am

Mit einem DARIAH-DE DH-Award wurde dieses Jahr Linda Brandt ausgezeichnet. Der DARIAH-DE DH-AWARD fördert NachwuchswissenschaftlerInnen, die in ihren Forschungsvorhaben innovative digitale Ansätze und Methoden einsetzen und so einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Digital Humanities leisten. Im DHd-Blog stellen wir PreisträgerInnen und Projekte in den nächsten Wochen vor.

Quelle: privat

Linda Brandt begann nach ihrem Abitur zunächst ein Praktikum bei einem Zeitungsverlag in ihrer Heimatstadt und arbeitete später für diesen auf freier Basis redaktionell. Danach machte sie eine Ausbildung als PR-Diplom-Kauffrau in Düsseldorf und arbeitete für verschiedene Agenturen in Köln und Hamburg. Im Anschluss daran entschied sie sich an die Universität Göttingen zu gehen, um dort im Bachelor Deutsche Philologie und Geschichte zu studieren. Seit Februar 2018 ist sie Masterstudentin an der Universität Basel für „Sprache und Kommunikation“.

Worum geht es in Ihrer Arbeit?

In Zusammenarbeit mit der Informatik und hier mit Georg Roth-Kleyer haben wir Daten aus dem deutschen Psychologieforum erhoben, um mit dem sprachanalytischen Tool LIWC Indikatoren für Depressionen und deren Reliabilität zu finden. Unsere gewonnenen Kerndaten des Forums bestehen aus insgesamt 368.746 Beiträgen, wobei sich für die empirische Analyse der Arbeit auf den Thread Depressionen des Psychologieforums beschränkt werden musste, um das Verfahren LIWC anzuwenden.

Das Ziel der vorliegenden Bachelorarbeit war es, die wichtigsten linguistischen Konzepte (Demjén 2011/2014 und Pennebaker 2011/2014) zum Sprachgebrauch von psychischen Erkrankungen theoretisch einzuordnen und empirisch zu überprüfen. Wir möchten wissen: Welche sprachlichen Indikatoren gibt es für Depressionen? Ergänzend hierzu war es interessant zu beobachten, wer diese Foren nutzt, dort interagiert und was genau der sprachliche Inhalt der User ist. Die Ergebnisse bestätigen überwiegend die Annahmen von Pennebaker und Demjén. Es konnten Assoziationen zwischen dem Gebrauch von Pronomen und Depressionserkrankten teilweise bestätigt werden. Mithilfe der absoluten Worthäufigkeit konnte festgestellt werden, dass Funktionswörter („functions“) und Pronomen („pronouns“) sowie Personalpronomen („ppron“) häufiger vorkommen als alle anderen Wörter. Auch die 1. Person Plural („I“) kann einige Nennungen verzeichnen. Wie immer in den Wissenschaften sind Ergebnisse wie die mit einer gewissen Vor- und Umsicht zu betrachten.

Gibt es Methoden, Theorien und Tools, welche für diese Aufgabe besonders interessant sind?

Besonders interessante Methoden für diese Aufgabe ist die Sentimentanalyse, welche eine automatische Auswertung von Texten verfolgt mit dem Ziel, die Texte in positive oder negative Aussagen zu einzuteilen. Zumeist wird diese Forschung anhand von englischen Texten unternommen. Für eine solche Kategorisierung ist das Programm LIWC konzipiert, welches von dem amerikanischen Psychologen James W. Pennebaker und seinem Team entwickelt wurde.

LIWC kann Wörter in mehr als 80 Stimmungskategorien klassifizieren, welche zuvor von Psychologen in aufwändigen Testverfahren in positive und negative Wortlisten eingestuft wurden. Die deutsche Version hat der in Zürich ansässige Psychologe Markus Wolf entwickelt, der auch in das Projekt involviert ist. Daher sind außer den Arbeiten von James W. Pennebakers auch die von Markus Wolf und nicht zuletzt auch die von der Linguistin Zsofia Demjén für meine Arbeit von Bedeutung. Demjén arbeitet im Bereich der Medical Humanities, welches besonders im angelsächsischen Raum vertreten ist.

Darüber hinaus ist Machine Learning ein vielversprechendes Verfahren, um zum Beispiel einzelne, sehr aktive User über einen längeren Zeitraum zu betrachten. Daraus könnte ersichtlich werden, inwiefern sich dessen Sprache verändert. Ebenso interessant sind statistische Matchingverfahren, um über jede Variable Mittelwerte zu errechnen. Aber da sind wir noch in den Anfängen.

Wie haben Sie begonnen, sich mit digitalen Geisteswissenschaften zu beschäftigen?

Mein erster Kontakt mit den digitalen Geisteswissenschaften habe ich in einem frühen Stadium meines Bachelorstudiums erhalten. Ich war im dritten Semester und begann als Hilfskraft bei der jungen Forschungsgruppe eTRAP von Marco Büchler zu arbeiten. Gemeinsam haben wir insbesondere an dem Projekt „Brother Grimm“ gearbeitet. Anknüpfend an dieser Tätigkeit begann ich mich für Kurse im Bereich der digitalen Geisteswissenschaften an der Universität Göttingen zu interessieren und so wuchs auch mein Forschungsinteresse daran kontinuierlich. Danach habe ich gemeinsam mit der Literaturwissenschaftlerin Simone Winko an ihrem Lyrik Projekt „Emotionen in Lyrik-Anthologien um 1900“ gearbeitet. Für meinen Master bin ich an die Universität Basel gewechselt, weil es für ein solches Interesse dort ein besseres Angebot für mich gibt.

Welche Angebote der digitalen Geisteswissenschaften fänden Sie für Ihre Forschungsprojekte in Zukunft besonders hilfreich?

Ich glaube, dass es vor allem darum geht, sich besser untereinander zu vernetzten, sodass verschiedene Fachrichtungen zusammenarbeiten können. In meiner Vorstellung wären gemeinsame „Working Spaces“ an Universitäten eine ideale Basis, um sich austauschen zu können. Es wäre zudem hilfreich, wenn es an den Universitäten ein breiter aufgestelltes Lehrangebot seitens der Digital Humanities gibt. Vor allem fehlen Kurse für die Erlernung von (statistischen) Methoden, um digitale Projekte verwirklichen zu können. Auch wäre es großartig, wenn es unter (digitalen) StundentInnen eine bessere Vernetzung gäbe, sodass wir uns gegenseitig bei (technischen) Schwierigkeiten unterstützen können. Eine tolle Gelegenheit um solche Kontakte zu knüpfen ist beispielsweise die internationale Summer School in Leipzig, die es uns ermöglicht Menschen mit ähnlichen Interessen zu treffen und gemeinsam Neues zu lernen.

 


DARIAH-DE unterstützt mit digitalen Ressourcen und Methoden arbeitende Geistes- und KulturwissenschaftlerInnen in Forschung und Lehre. Dafür baut das Projekt eine digitale Forschungsinfrastruktur für Werkzeuge und Forschungsdaten auf und entwickelt Materialien für Lehre und Weiterbildung im Bereich der Digital Humanities (DH). DARIAH-DE ist der deutsche Beitrag von DARIAH-EU und arbeitet in diesem Kontext mit einer Vielzahl von europäischen Partnern und Projektverbündeten zusammen.

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