Kulturen des digitalen Gedächtnisses – Potsdamer Tagung zu „Digital Humanities“ beginnt
Sammeln und Archivieren, Erinnern und Gedenken – wie verändert sich das kulturelle Gedächtnis im Zeitalter der Digitalisierung? Antworten darauf diskutieren rund 1050 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der heute beginnenden 8. Jahrestagung des Verbands „Digital Humanities im deutschsprachigen Raum“, kurz: DHd2022. Die von der Universität und der Fachhochschule Potsdam ausgerichtete Konferenz findet pandemiebedingt virtuell statt. Unter dem Motto „Kulturen des digitalen Gedächtnisses“ werden bis zum 11. März zahlreichen Workshops, mehr als 70 Vorträge und über 60 Posterpräsentationen geboten. Mit der Tagung zeigt sich der Forschungsstandort Potsdam als ebenso lebendiger wie facettenreicher Ort der digitalen Geisteswissenschaften.
„Auf unserer Jahrestagung gehen wir der Frage nach, wie sich all die Praktiken des kulturellen Gedächtnisses, die für unsere Gesellschaften wesentlich sind, im Zuge der digitalen Transformation wandeln: Wie erinnern wir, wie gedenken wir, wie vergessen wir im Zeitalter der Digitalisierung, der Algorithmen und der sozialen Medien?“, erläutert Prof. Dr. Peer Trilcke, Sprecher des Potsdamer „Netzwerks für Digitale Geisteswissenschaften“, das die Tagung organisiert hat. „In den Blick geraten damit nicht zuletzt die Infrastrukturen des kulturellen Gedächtnisses – Archive, Bibliotheken und Museen, zum Beispiel – und deren Rolle für unsere zunehmend diversen und transnationalen Erinnerungskulturen“, sagt Dr. Ulrike Wuttke, die gemeinsam mit Prof. Dr. Heike Neuroth das Organisationsteam an der Fachhochschule Potsdam leitet. „Die Digitalisierung des kulturellen Gedächtnisses erweist sich mehr und mehr als eine weitreichende, noch zu wenig adressierte Herausforderung für unsere Gesellschaft“, ergänzt Dr. Anna Busch, Leiterin der „Digitalen Forschung und Entwicklung“ am Theodor-Fontane-Archiv der Universität Potsdam.
Zum Auftakt des Vortragsprogramms am 8. März wird Archiv-Forscherin Amalia S. Levi aus postkolonialer Perspektive von ihrer Arbeit mit Archiven der Sklaverei auf Barbados berichten. Den Schlusspunkt setzt am 11. März die Kulturwissenschaftlerin und Publizistin Kathrin Passig, die unter dem Titel „Rucksack oder Rechenzentrum“ nach Speicherkapazitäten fragt: „Wie groß ist, auch unter technischen Gesichtspunkten, eigentlich das digitale Gedächtnis unserer Kulturen?“ Das ganze Spektrum der auf der „DHd2022“ präsentierten Forschung lässt sich im frei zugänglichen „Book of Abstracts“ nachlesen, das auf über 400 Seiten alle 154 Beiträge der Tagung versammelt. Die über 60 eingereichten Poster werden auf der Tagungswebsite veröffentlicht.
Gemeinsam mit den Förderern und Sponsoren hat das Potsdamer Organisationsteam ein attraktives virtuelles Rahmenprogramm entwickelt. Es reicht von Online-Touren durch das Museum Barberini, dem Kulturpartner der Tagung, über Messestände des Verlags De Gruyter und des Unternehmens SAP SE bis hin zu Präsentationen des Konsortiums NFDI4Culture, das als Partner für „Wissenschaftskommunikation und Community Outreach“ gewonnen werden konnte. Auch ein Besuch der virtuellen Ausstellung des Zentrums für Computerspielforschung „DIGAREC“ ist möglich. Die Gerda Henkel Stiftung, der DHd-Verband, der Verein „Geistes- und kulturwissenschaftliche Forschungsinfrastrukturen“, das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien und NFDI4Culture unterstützen die Tagung darüber hinaus durch die Vergabe von Stipendien. Gefördert wird die Tagung zudem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.
„Unsere Jahrestagungen haben sich zu einem wichtigen Schaufenster der Forschung in den digitalen Geisteswissenschaften entwickelt“, sagt der Vorsitzende des DHd-Verbands, Prof. Dr. Christof Schöch. „Hier informieren sich die Mitglieder der Community gegenseitig über die neuesten Entwicklungen im Feld.“ Der Verband wurde 2013 gegründet und versteht sich als Forum und formelle Interessenvertretung für alle, die sich im deutschsprachigen Raum in Forschung und Lehre – unabhängig von der Fachdisziplin – im Bereich der Digital Humanities engagieren. Der über 440 Mitglieder zählende DHd ist als Regionalverband assoziiert mit der European Association of Digital Humanities (EADH) und zudem im internationalen Dachverband Alliance of Digital Humanities Organizations (ADHO) repräsentiert.
Weitere Informationen
Tagungswebsite: https://www.dhd2022.de/
Das Programm auf ConfTool: https://www.conftool.net/dhd2022/sessions.php
Virtuelle Posterausstellung: https://www.dhd2022.de/postersession/
Book of Abstracts: https://doi.org/10.5281/zenodo.6304590
DHd-Verband: https://dig-hum.de/
E-Mail: info@dhd2022.de
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