Document Engineering und Digital Humanities
Dokumente aller Art spielen seit jeher in den Geisteswissenschaften eine zentrale Rolle, sowohl als Untersuchungsgegenstand als auch zur Dokumentation von Forschungsergebnissen. Entsprechend beschäftigen sich auch die Digital Humanities mit Dokumenten, insbesondere digitalen Dokumenten. Neben den »traditionellen« geisteswissenschaftlichen Fragen stellen sich dabei auch neue Fragen, z. B. zur Codierung, Auszeichnung und Verarbeitung von Texten, bei denen technische und geisteswissenschaftliche Aspekte interagieren. Anne Baillot hat in einem Blogbeitrag mit dem Titel »Encoding IS conceptualizing« einige schöne Beispiele dafür genannt; die Diskussionen auf TEI-L sind eine unerschöpfliche Quelle weiterer Beispiele.
In der Informatik ist Document Engineering das Gebiet, in dem man sich mit Systemen zur Repräsentation und Verarbeitung von Dokumenten in allen Formen und Medien beschäftigt. Leider gibt es bislang nur wenige Berührungspunkte zwischen Document Engineering und Digital Humanities – eigentlich seltsam, denn wir hätten hier einerseits Leute, die sehr hohe Ansprüche an die Erstellung, Verarbeitung und Darstellung digitaler Dokumente stellen (man denke hier nur etwa an verschiedene, sich überlappende Auszeichnungsebenen) und andererseits Leute, die daran arbeiten, den Stand der Technik in eben diesem Bereich voranzubringen.
Daher möchte ich an dieser Stelle auf eine Konferenz hinweisen, die im DH-Umfeld erst wenigen bekannt ist, aber für Leute, die sich mit Dokumenten, XML, TEI usw. beschäftigen, sehr interessant ist, und die auch eine sehr gute Möglichkeit darstellt, mit den Informatikern, die in diesem Bereich arbeiten, ins Gespräch zu kommen: das ACM Symposium on Document Engineering, kurz DocEng.
DocEng 2012 hatte tatsächlich schon eine kleine Session speziell zu Digital Humanities (siehe die Proceedings), aber auch andere Beiträge — z. B. zu XML, OCR, Suchverfahren — waren für Forscher in den DH relevant.
Ich bin sicher, dass es auch bei DocEng 2013 wieder einiges für DH-Forscher zu entdecken geben wird. DocEng 2013 findet vom 10. bis zum 13. September in Florenz statt; am 10. finden die Workshops DChanges 2013: First International Workshop on (Document) Changes: Modelling Detection, Storage and Visualization, DH-CASE 2013: Collaborative Annotations in Shared Environments: Metadata, Vocabularies and Techniques in the Digital Humanities (explizit DH!) und Reimagining Digital Publishing for Technical Documents statt. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass sowohl DH als auch Document Engineering von einem verstärkten Austausch nur profitieren können. Und vielleicht es auch mal eine erfrischende Abwechslung zur »Was-sind-eigentlich-die-Digital-Humanities-Nabelschau« …
Ganz besonders möchte ich aber noch Doktoranden auf ProDoc@DocEng hinweisen, das erste doctoral consortium bei DocEng. Dabei können Doktoranden ihr Dissertationsprojekt (das natürlich einen Bezug zu Document Engineering haben muss) vorstellen und bekommen Feedback von einem Panel erfahrener Forscher und vom Publikum. Das Ziel von ProDoc@DocEng ist es, Doktoranden dabei zu helfen, ihre Forschungsfrage zu formulieren, die richtigen Ansätze und Methoden zu wählen und ganz allgemein auf neue Ideen zu kommen.
Ein doctoral consortium ist eine außergewöhnliche Gelegenheit, um Rückmeldungen von den führenden Forschern zu seinem Dissertationsprojekt zu bekommen und gleichzeitig an der Konferenz zu lernen, wie der aktuelle Forschungsstand im Bereich Document Engineering ist und wertvolle Kontakte zu knüpfen — eine sehr gute Voraussetzung, um dann bei einem der nächsten Symposia selbst ein Paper bei der Hauptkonferenz vorstellen zu können.
Die Frist für Einreichungen zu ProDoc@DocEng läuft noch bis zum 28. Juni. Die Details finden sich im Call for Submissions. Doktoranden, die für ProDoc@DocEng angenommen wurden, können sich auch um Student Travel Awards bewerben.
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